1. Öffentlichkeit
Mittlerweile haben sich ja einige Leute und Behörden zu dem Raum geäußert. Es gibt die, die weiterhin die Augen verschließen wollen vor der Realität, dass in der Karlstraße 56 ein Treffpunkt von organisierten und Neofaschistinnen * ist. Das ist einfach nur eine Realitätsverweigerung vor dem Hintergrund, dass alles was aufgedeckt wurde, mittlerweile mehrfach durch Journalist*innen, der Vermietung des Raums und sogar der IB selbst sowie fragwürdigen Sicherheitsbehörden bestätigt wurde.
Ansonsten ist bei uns der Eindruck entstanden, dass wieder das passiert, was immer in der Ulmer Öffentlichkeit passiert:
Das Thema war kurz in den Medien und bei Lokalpolitiker*innen präsent, alle sagen oh wie schlimm, lass mal was gegen Rechts tun, Statement gegen Rechts ist wichtig, doch nach kurzer Zeit ist alles wieder vergessen als sei nie etwas gewesen.
Wir würden pauschal sehr vielen in dieser Stadt unterstellen, dass sie viel reden wenn der Tag lang ist, aber letztlich nichts aktiv machen und durch ihre Schulterzucken–Einstellung zur Normalisierung eines extrem rechten Treffpunktes beitragen.
Aus mehreren Richtungen wurden die Räume als „Zentrum“ bezeichnet. Wir lehnen das ab, da dies eins zu eins die prahlerische Selbstdarstellung der Identitären übernimmt. Benennen wir es lieber als das, was es ist: Ein ehemaliges Tanzstudio in einer Hinterhofgarage.
das sogenannte Zentrum
* Anmerkung: wir verwenden hier die binäre Form. Teil der Ideologie der Identitären Bewegung ist die Ablehnung von Geschlechtsidentitäten abseits von Mann und Frau. Deswegen ist es unwahrscheinlich, dass Mitglieder der Identitäten Bewegung sich selbst abseits der heteronormativen Geschlechtsidentität identifizieren.
2. Die Faschos
Der Raum wird weiterhinregelmäßig von den Identitären genutzt. Wir können nachvollziehen, dass sie mehrfach im Monat am Raum sind. Sie kleben A5 Sticker an ihre Tür und versuchen in den umliegenden Straßen Präsenz mit ihrer Propaganda zu zeigen, was nicht so gut funktioniert – danke an alle, die das Zeug wegputzen. Im Sommer wurden bei einer ihrer Stickertouren nicht nur die sonst üblichen IB– sondern auch Neonazi–Sticker mit Todesdrohungen gegenüber Antifaschist*innen verklebt. [1]
Wir warten gespannt darauf, ob sich jetzt die Leute, die im Namen „Kick Them Out“ einen Gewaltaufruf sahen, nun von ihren identitären distanzieren werden.
Mit einem Monat Verzögerung hat es die IB dann auch mal geschafft auf das Outing ihres Raumes zu reagieren. Mit Pyro und Banner auf einer Brücke in Neu-Ulm wollten sie beweisen, dass Ulm ihnen gehöre. Das ging natürlich nur mit kräftiger Unterstützung von außerhalb, u.a. aus Ostdeutschland. Ausgangspunkt für die Aktion war der Raum in der Karlstraße, hier fanden Vorbereitungen und ein Vortreffen statt. [2]
Die Aktion fand in unmittelbarer Nähe zum Falkenkeller statt, einem seit den 50er Jahren bestehenden linken Raum in Ulm. Im Nachgang versuchte die AfD mit Anfragen und Aktionen Druck auf den Falkenkeller aufzubauen. Das führt mittlerweile zu realen Konsequenzen für den Falkenkeller. Es gab mehrere Sachbeschädigungen und rechte Angriffsversuche auf den Raum und die Menschen, die ihn nutzen. [3]
Vor Kurzem war der Raum erneut Ausgangspunkt einer Aktion der IB. Es trafen sich mehrere Personen am 27.08.2022 vor dem Raum und gingen von dort aus zur Ulmer Pride Demo. Es gibt Anzeichen dafür, dass sie mit einer Aktion diese stören wollten. Das war nicht erfolgreich, aber es kam zu mehreren Übergriffen und Bedrohungen von IB Kadern wie u.a. Nikolas Brickenstein gegenüber Teilnehmenden der Pride Demo. [4]
3. Die Vermietung
Am leisesten in den letzten Wochen und Monaten war die Immobilienfirma und die Besitzer*innen der Immobilie. Nach anfänglichen, sehr deutlichen Statements, kam nun das große Schweigen.
Die einzig wahrnehmbare Veränderung am Raum ist eine neu installierte Überwachungskamera – an der Außenfassade des ersten Stocks des Gebäudes, über der weißen Eingangstür mit Blick auf Dach, Hof und z.T die Straße. Ob diese von den Identitären oder der Vermietung stammt, ist uns unbekannt.
Position der neuen Überwachungskamere, links oben im Bild
Mittlerweile kommen bei uns einige Fragen auf:
- Wie ernst war das mit dem Rauswurf gemeint?
- Warum schweigen die Besitzer*innen dazu, dass ihr Gebäude weiter Ausgangspunkt von extrem rechter Organisierung, Einschüchterung bis zu Todesdrohungen wird?
- Warum wird toleriert, dass rechte Propaganda der Identitären am Raum selbst angebracht wird?
Festzuhalten bleibt:
- Der Raum wird aktiv genutzt und ist Ausgangspunkt von rechter Organisierung, Propaganda und Aktionen
- Die IB stehen mittlerweile offen zu dem Raum, bezeichnen ihn als angebliches „Zentrum“ und führen vermehrt Aktionen in Ulm durch
- Es finden Bedrohungen und Übergriffen gegenüber linken und anderen Menschen, die in das Feindbild der Identitären passen, aus diesem Raum heraus statt
- Besitzer*innen und Immobilienfirma schweigen nach ihren anfänglichen Statments und kassieren weiter Miete von den extrem Rechten
Die Taten und Worte der IB sind deutlich: Sie behaupten Ulm wäre ihre Stadt. Das ist vor dem Hintergrund, dass sie ohne Verstärkung von weit weg (Stuttgart, Pforzheim, Chemnitz, …) nichts größeres machen können natürlich eine mackerhafte Überhöhung ihrer tatsächlichen Größe und Fähigkeiten. Was dahinter steht, ist der Versuch einer rechten Raumnahme und einer Einschüchterung gegenüber Links. Die IB geht dabei Hand in Hand mit anderen extrem Rechten wie der Neu-Ulmer AfD oder einzelnen Personen aus dem Umfeld der SSV Hooligans. Nicht nur im gemeinsamen Feindbild sondern auch real auf der Straße. [5]
Die Stadt gehört weder den Faschos noch sonstigen politischen Kleingruppen (inklusive uns), s. zeigen uns, dass nichts passiert wenn kein öffentlicher Druck weiterbesteht.
Es liegt also an uns allen.
Egal ob Antifaschist*innen, Teil der Nachbarschaft oder allen anderen, die in das Identitäre Feindbild passen
– lets kick them out!